Lolotte oder Die Stufenleiter der Wollust by André-Robert Andréa de Nerciat & Nina Lenz

Lolotte oder Die Stufenleiter der Wollust by André-Robert Andréa de Nerciat & Nina Lenz

Autor:André-Robert Andréa de Nerciat & Nina Lenz [Nerciat, André-Robert Andréa de & Lenz, Nina]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Rogner & Bernhard
veröffentlicht: 1970-05-15T00:00:00+00:00


Wie es zuweilen unglückliche Augenblicke gibt, wo dem, der erst eine Widerwärtigkeit auszustehen hat, alles übel abläuft, so war es auch mir unmöglich gewesen, diese Nacht bei einer Frau anzukommen, die mein Freund mir überlassen hatte. Aus Furcht, erkannt zu werden, wollte ich in kein Bordell einkehren. Ich mußte also nach dem Kloster zurückgehen, von wo ich kaum eine Stunde entfernt war. Aber was sollte ich bis um fünf Uhr anfangen? Geh ich auf mein Zimmer, sagte ich mir selber, und schlafe ein, so laufe ich Gefahr, den Augenblick zu versäumen. –

Mitten in der Ungewißheit fällt mir auf einmal ein, daß Eulalia sich oft mit mir in den Zwischenzeiten, wenn wir uns von den Liebeskämpfen erholten, über die lächerlichen Visionen einer dicken Witwe lustig gemacht hatte, die ihr aufwartete und die seit zwei Jahren, da sie ihren Michel verloren hatte, sich fest einbildete, daß der ehrliche Kerl zuweilen wiederkommt, um ihr des Nachts eine vergnügte Stunde zu machen. Diese Übereinkunft hatte die Andächtelei und das Temperament der guten Frau miteinander getroffen, ohne daß sie darum wußte, denn sie war in allem Ernste tugendhaft. Ihre Sinne wirkten ganz für sich allein, und ihre von keiner Verderbnis angesteckte Einbildungskraft hatte sich also kein anderes Bild als das erlaubte Bild eines Ehemannes entfernen können. Er war tot und das Vergnügen konnte also nur unter der wieder auferweckten Gestalt des Verstorbenen dieses einfältige und doch so feuervolle Geschöpf überraschen.

Es schien mir ein reizendes Vergnügen zu sein, den würdigen Verstorbenen zum Hahnrei zu machen und den Augenblick war ich ganz verliebt in die dicke Figur, die wirklich mehr angenehm als widrig war.

Ich gelangte ohne Mühe zur Kammer der Franziska, – so hieß sie – weil der Hauptschlüssel, den mir Eulalia gegeben hatte, nicht allein mein Zimmer, sondern alle Kammern des ganzen Klosters schloß, deren Türen alle, bis auf die Schlafzimmertür der Äbtissin selber ohne Riegel waren. Leise schlich ich zu Franziska, aber ich hätte mir weniger Zwang antun können, denn sie schnarchte, daß die Stühle davon zitterten.

Dies war ein ziemlich lästiger Fehler von einer Person, die so nahe bei ihrer Herrschaft schlief; aber die Äbtissin hatte sie lieb und überdies war es ihr auch angenehm, daß sie ohne Furcht sich gewisse mutwillige Ausbrüche erlauben konnte. Ich konnte mich mit Bequemlichkeit entkleiden, ins Bett schlüpfen, die schwerfällige Schläferin umkehren und sie meinen Absichten gemäß auf den Rücken legen, ohne daß sie aufhörte zu schnarchen wie eine Orgel.

Man tut sehr oft unrecht, eine Frau nach dem Gesicht zu beurteilen. Manche, deren Gesicht viel verspricht, hält nichts davon und täuscht uns. Eine andere verkündet uns beim Anblick gar nichts Anziehendes und wenn wir es wagen, unsere Beobachtungen weiter zu treiben, entdecken wir tausend Annehmlichkeiten. Wie wohl befand ich mich dabei, daß ich von dieser wenig einnehmenden Franziska etwas gehofft hatte!

An ihr war alles, was man den Augen zu entziehen pflegt, vollkommen; feine Haut, ein vortrefflicher fleischiger Körper, Festigkeit und die glückliche Bauart in den Hauptpunkten meiner Begierden und zum Glück war sie, was bei anderen nicht zur Vollkommenheit



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